GEBRAUCHT-TIPP MERCEDES B-KLASSE: EINFACH DER BESSERE SUV!?

Wessen Ego wasserfest genug ist, auch mal gegen den Strom zu schwimmen, hat beim Gebrauchtwagenkauf echte Vorteile. Die Klischees über die Mercedes B-Klasse brauchen wir nicht zu erklären. Nehmen wir uns also zehn Beispiele vor, warum gerade sie ein echter Geheimtipp ist, und betrachten zum Schluss, wo der W 246 auch mal kränkelt.

Denken wir uns mal eine fiktive Schnittmenge aus den Auto-Ansprüchen aller Alltagsfahrer. Was muss das perfekte Auto können? Sicher würde sich jeder schnell einig in den Punkten Platzangebot, Variabilität, Verbrauch, Kaufpreis, Komfort und Fahrverhalten. Auch sollten nützliche Features an Bord sein und die Qualität sollte passen. Ein großes Motorenangebot und eine Fülle von Extras dürfte ebenfalls eine Menge Befürworter finden.

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Doch wie wichtig sind Dinge wie Optik, modische Strömungen? Und (vielleicht am erheblichsten): Was sagen die Nachbarn?

Während sich letzteres jeder selbst beantworten muss, zeigt sich ja ein nicht von der Hand zu weisender Trend zum SUV-Look – wobei die heutigen Einkaufs- und Familienvehikel bis aufs höhere Sitzen und ein paar Plastikplanken nichts mehr mit echten SUV gemein haben. Warum? Nun, neben der trendigen Erscheinung verfügen die meisten Modelle über ein größeres Platzangebot als klassische Karosserieformen. Der Einstieg durch große Türen auf hochgelegte Sitzplätze fällt leicht, und auch die Übersicht ist spitzenmäßig. Wenn es nun ein Auto gäbe, welches all diese Vorzüge erfüllt, teilweise übertrifft, und zudem auch in den Must-Have-Disziplinen vom Anfang gut dasteht, müsste es doch eigentlich ein Verkaufsschlager sein. Oder? Durchaus... es sei denn, es gehört streng genommen zu den Kompaktvans und wird gern von älteren Leuten bewegt. Dieser Nimbus sorgt für erschwingliche Gebrauchtpreise und einen echten Geheimtippstatus für die Mercedes B-Klasse der zweiten Generation. Und warum?

1. Weil sie so praktisch ist

Mit den Abmessungen eines normalen Kompaktwagens bietet die B-Klasse ein Platzangebot, das in manchen Hinsichten selbst dem unerreichten Laderaum des E-Klasse-T-Modells auf die Pelle rückt. Damit das gelingt, muss zwar eifrig geklappt und geschoben werden, doch geht dies leicht von der Hand, da die B-Klasse mit einer Fülle schlau gemachter Variabilitätslösungen aufwartet. So lassen sich die Rücksitze nicht nur einfach umklappen, sondern auch in der Neigung ihrer Lehne verstellen und noch dazu zweigeteilt verschieben. Wird die Beifahrersitzlehne umgeklappt, passt Sperrgut aller Art in den Raumwunder-Benz. Ein verstellbarer Kofferraumboden sorgt für ebenes Laden und die üppige Heckklappenöffnung erleichtert jeden Besuch im Möbelhaus.

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All das ist nicht unerhört in der Welt der kompakten Vielzweckautos. Das luftige Raumkapselgefühl im Innenraum bekommen heutige Kompaktwagen mit SUV-Statur aber nicht so großzügig hin wie die B-Klasse.

2. Weil sie nicht schlechter ist als der Nachfolger

Die aktuelle B-Klasse (W 247) sieht ihrer Vorgängerin nicht unähnlich und bietet ein annähernd identisches Platzangebot. Die Motoren sind moderner und verfügen häufig über das noch besser funktionierende Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe. Ein großer Vorteil der neuen B-Klasse liegt im hochmodernen MBUX-Infotainmentsystem, das zu den intelligentesten Systemen auf dem Markt gehört.

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Dieses Potenzial schlägt sich jedoch auch fünf Jahre nach ihrem Debüt noch auf ein recht hohes Preisniveau nieder, während der hier gezeigte Vorgänger mit einem grundsätzlich niedrigen Kostenniveau glänzt. Zusätzlich gilt die aktuelle Generation nicht als gänzlich problemlos. Die hier verwendeten Dieselmotoren der Baureihe OM 654 fallen derzeit reihenweise durch versagende, weil unterdimensionierte Steuerketten auf. Außerdem kämpft die Baureihe mit einer starken Entwicklung von Dröhngeräuschen beim Fahren ab Landstraßentempo – nichts für empfindliche Ohren. Die zweifellos hochmoderne Fahrassistenz im W 247 ist zum Teil schlecht abgestimmt. So lenkt der Spurhalteassistent nicht mehr schlicht gegen, sondern korrigiert die Spur zudem mit einem rüpelhaften Bremseingriff, der nicht wenige Fahrer erschreckt.

So raten wir zur etwas weniger modernen Technik zugunsten eines deutlich angemesseneren Preises.

3. Weil sie viel besser ist als der Vorgänger

Schon die erste B-Klasse besaß eine Baukastenverwandtschaft zur A-Klasse. Die war seinerzeit noch mit einem doppelten Boden ausgestattet, der für Crashsicherheit sorgte, indem im Kollisionsfall Motor und Getriebe unter die Fahrgastzelle geleitet werden konnten. Ferner waren einige Teile wie Tank und Batterie in diesem doppelten Boden untergebracht. Dieses Konzept besaß eine recht große Bauhöhe und bereitete A- und B-Klasse so schon zu Beginn keinen allzu jovialen Ruf.

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Während das Raumkonzept schon damals ein echter Pluspunkt war, besaß die erste B-Klasse zwei große Probleme. Erstens das technisch problematische Stufenlos-Automatikgetriebe, das oft schon früh mit teuren Ausfällen nervte, zweitens die damals grassierende Kantenrostproblematik aufgrund einer bakteriellen Verunreinigung im Rostschutz-Tauchbad bei Mercedes. Rostfreie Exemplare der 245er-Baureihe zu finden, ist mittlerweile nicht immer leicht. Beim W 246 sind beide Probleme Geschichte.

4. Weil sie sehr sparsam ist

Häufig und nicht zu Unrecht prahlt Mercedes mit größeren Errungenschaften aus der Fahrzeugentwicklung. Klar: S-Klasse und Co. geben seit Jahrzehnten den Ton an, was Neuentwicklungen in der Fahrzeugtechnik angeht. Und die B-Klasse? Nun, hier nahmen sich die Schwaben einen Fisch zum Vorbild: den Kofferfisch. Der zeichnet sich dadurch aus, trotz üppiger Körperfülle äußerst widerstandsarm durchs Wasser gleiten zu können. Ihm entliehen ist die abgekantete Rundlichkeit, die auch die Silhouette der B-Klasse bestimmt. Die resultierende Dynamik glänzt mit einem cW-Wert von 0,26. In diesem Segment ist das unerreicht – von der aktuellen B-Klasse mal abgesehen.

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In Verbindung mit den sparsamen Antrieben, Benziner die sich mit sechs Litern, Diesel, die sich mit fünf Litern problemlos im Alltag bewegen lassen, entsteht ein äußerst ökonomisches Gesamtpaket.

5. Weil sie eine große Antriebsvielfalt bietet

Nennen Sie doch mal einen kleinen Kompaktvan mit 211 PS. Bis auf den noch stärkeren BMW 2er Active Tourer fällt uns keiner ein. Nun, es gäbe den deutlich größeren und schwereren Opel Zafira C mit 200 PS, doch einen direkten Konkurrenten, der dann auch noch mit Sportpaket und Doppelauspuff aufwartet, gibt es nicht. Der am ehesten vergleichbare VW Golf Sportsvan macht bei 150 PS Schluss, den Touran gibt es immerhin mit bis zu 190 Diesel-PS. Hier bietet die B-Klasse selbstzündend maximal 177 PS.

Zugegeben, die große Leistungsausbeute ist sicher nicht das wichtigste Kriterium für viele Kompaktvan-Käufer. Am unteren Ende des Leistungsspektrums beginnt die Reise bei bescheidenen 90 PS (Diesel) bzw. 102 PS (Benziner). Natürlich sind das keine feurigen Gesellen, dafür sind fast alle Antriebe sehr sparsam. Erst als Allradler (ja, auch das gab's) erreichte der Verbrauch dann vermeidbare Höhen.

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Zusätzlich gibt es eine werkseitige Erdgasvariante (B 200 NGT), sowie die seltene Elektroversion, den B 250e mit bis zu 200 Kilometer Reichweite. Hier steckt übrigens der vordere Elektromotor des Tesla Model S unter der Haube.

6. Weil sie ein echter Mercedes ist

Warum geht es ausgerechnet bei Mercedes immer um Kleinigkeiten wie das Geräusch beim Türenschließen? Denken Sie mal daran, wie viele andere Alltagsgegenstände – vom Smartphone über Küchengeräte bis zum Kleiderschrank – auf ein hochwertiges Bediengefühl ausgelegt sind. Wenn eine Autotür satt schließt, die Tasten fein klicken und auch die Geräuschdämmung unschöne Vibrationen und Lärm draußen lässt, kommen Sie nicht besser oder schlechter von A nach B, doch versüßt diese Art der Haptik jede alltägliche Fahrt. Dieses Premium-Gefühl beschert auch die scheinbar schnöde B-Klasse – erst recht im Vergleich zu anderen typischen Familienkutschen, die Feingeistern oft nur wenig Wonne bieten.

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Etwas weniger empfindlich betrachtet, bieten auch das durchdachte Infotainment, die tiefgreifenden Optionen des Bordcomputers, oder die gut gemachte Ergonomie genau die Vorteile, die professionelle Langstreckenfahrer an ihren größeren Mercedes-Modellen so schätzen.

7. Weil sie moderne Features besitzt

Die B-Klasse besitzt je nach Ausstattung nicht selten eine große Auswahl an Fahrassistenz. Die reicht von der Einparkhilfe über Kameras, Totwinkelwarner bis hin zum aktiven Spurhalteassistent oder dem Radartempomat. Hinzu kommt fast immer ein recht umfangreiches Infotainment mit frei stehendem Farbbildschirmen und noch immer äußerst brauchbarer Navi-Technik.

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8. Weil sie das ideale Format für Familien mit Kindern hat

Wer jemals einen sperrigen Kindersitz im Fond eines PKWs verankerte, oder einen raumgreifenden Kinderwagen ins Gepäckabteil schob, weiß, dass das Raumangebot im Familienauto elementar ist. Gleichzeitig dient manch eine Familienkutsche im Nahverkehrsbetrieb zwischen Kindergarten, Supermarkt und Innenstadt, darf also in der Außenlänge nicht zu sehr die Parklücken sprengen. Das ist einer der vielen Gründe, warum heute kompakte SUV so beliebt bei Familien sind. Die B-Klasse bietet zwar keinen feschen Offroad-Look, dafür aber ein noch üppigeres Platzangebot mit großen Fondtüren und einem extrem leicht zu beladenden Kofferraum. Viel praktischer geht es kaum. Gleichzeitig erlauben die meisten Motoren auch durchaus souveränen Langstreckenkomfort, sodass der B auch im Urlaub ein echter Favorit sein kann.

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9. Weil sie viel mehr Chic bietet, als Sie denken

Zugegeben, in öder Leasing-Lackfarbe und mit Radkappen ist die B-Klasse kein Hingucker. Mercedes wusste jedoch aus vergangenen A- und B-Klasse-Generationen, dass ein gewisser Lifestyle-Anstrich eine jüngere Klientel anlocken dürfte. Dementsprechend gibt es eine Fülle von Lacken, Felgen und Stilelementen innen wie außen, die die B-Klasse enorm verjüngen. AMG-Look und 211 PS helfen ebenfalls. Das kann sich wirklich sehen lassen.

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Die in Punkt sechs erwähnte Qualität und Wertigkeit der Materialien im Innenraum, bescheren dem B außerdem einen Vorteil, den kaum ein anderer Hochbau-PKW besitzt: Es macht tatsächlich Freude, eine einigermaßen nett ausgestattete B-Klasse im Alltag zu bewegen. Bedienelemente wie Lenkrad oder Tastenoberflächen entsprechen dem Standard der automobilen Oberliga. Da kann manch abwaschbarer Innenraum in anderen Familienautos nicht mithalten.

10. Weil sie günstig ist

Die B-Klasse und die genannten neun Pluspunkte gibt es bereits ab gut 10.000 Euro für günstige Exemplare mit weniger als 100.000 Kilometer Laufleistung. Wer sich im Rahmen bis 15.000 Euro bewegt, bekommt ein sehr frisches Exemplar mit toller Ausstattung. Für die gebotenen Qualitäten gleicht dieser Preis einem echten Schnäppchen. Deutlich simplere Familienkutschen sind nicht selten mindestens genauso teuer.

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Günstig ist die B-Klasse obendrein in Steuer und Versicherung (natürlich abhängig von der Motorisierung), und wie bereits erwähnt im Verbrauch. Wer seinen B also vollends zur eierlegenden Wollmilchsau machen möchte, wählt einen sparsamen Euro-6-Diesel und pendelt lange Strecken.

Und was ist schlecht?

Die B-Klasse kennt erfreulich wenige Krisenherde. Die oftmals eher verhaltene Fahrweise ihrer Besitzer schont vor heftigen Verschleißerscheinungen und die solide Technik von Antrieb und Fahrwerk erleichtert langen problemlosen Betrieb. Nicht wenige B-Klassen verdienten und verdienen die Brötchen ihrer Halter im schonungslosen Taxieinsatz – durchaus mit langfristigem Erfolg. Das war einst ein klassisches Mercedes-Markenzeichen.

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Bei den Benzinern gab es einige frühe Exemplare mit einem Verarbeitungsfehler an der Einlassnockenwelle, was allerdings längst durch einen Rückruf behoben wurde. Ansonsten sind Problemstellen bei der B-Klasse eher nutzungs- oder verschleißbedingt. Gibt es Kratzer oder tiefere Blessuren am Blechkleid, kann es dort logischerweise auf lange Sicht rosten – eine Sache der Pflege. Auch gilt zu bedenken, dass in Automatikversionen ein Doppelkupplungsgetriebe zum Einsatz kommt. Das gilt zwar konstruktiv als problemlos und ist zudem angenehm abgestimmt, ist aber prinzipbedingt nicht frei von Kupplungsverschleiß, wie er auch bei Autos mit Schaltgetriebe vorkommen kann.

In einigen seltenen Fällen klagen Besitzer von Autos, die sehr lange Standzeiten hinter sich haben, über eine schleichende Batterieentladung. Ein flächendeckendes Muster lässt sich hier allerdings nicht erkennen.

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